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"Containertagebuch 51"
Berichte |
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1.9.2017 |
Horst (Mecklenburg) Während wir noch versucht haben, über eine verloren gegangene
Mobilnummer die mazedonische Familie mit der schwangeren 15jährigen
ausfindig zu machen, hat diese, vor einer Woche bereits, entbunden. |
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Kind Nr. 867 |
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* | Das ist nach dem Layout und dem Satz nicht mehr so sicher. Ich habe keine genauen Maße [Red.] | |||
Ich schreib meinen üblichen Bericht und versuche den Lagerarzt zu sprechen, wegen der hochschwangeren Mutter. Der Pförtner erklärt mir, die Familie würde heute noch registriert und in diesem Rahmen auch vom Arzt gesehen. Nachdem sich mein Vertrauen in die medizinische Versorgung im Lager nach den letzten Erlebnissen etwas gebessert hat, nehme ich das so hin und erkläre es dem Paar, das nach Ablehnung des Asylantrags aus Schweden überstürzt geflüchtet ist. Ansonsten ist heute Tschetschenen-Tag. Eine Frau, die etwa so viel Deutsch spricht, wie ich Russisch, nämlich nicht allzu viel, möchte wissen, was aus ihrem Mann geworden ist, der seit drei Tagen in örtlichen Krankenhaus liegt, und mit dem offenbar seither nicht viel passiert sei. Die Krankenhaussekretärin gibt mir die Nummer des Chefarztes (!), der mir, nachdem ich mich als Kollege vorgestellt habe, Auskunft gibt, und ich kann die Frau beruhigen. Eine meiner leichteren Übungen. Vor allem auch, weil viele medizinische Fachausdrücke in der russischen Umgangsspache verstanden werden: Das Wort „Koloskopie“ zum Beispiel muss ich nicht durch eine womöglich als obszön empfundene Geste umschreiben, während das deutsche „Darmspiegelung“ selbst für manche meiner Landsleute unverständlich bleibt. Eine junge Mutter befürchtet, dass ihr Kleinkind Schaden nimmt, wegen einiger Impfungen, die es irgendwo in Russland schon bekommen hat, aber eben ohne Impfausweis oder ähnlichem – bei deutschen Ärzten heißt es: Nicht dokumentiert ist nicht geimpft. Sie erklärt mir, in englisch-russischem Gemisch, welche Impfungen das Kind bekommen hat, ich rufe in einer Kinderarztpraxis an, ob eine „Überimpfung“ gegen diese Krankheiten schädlich sei, was verneint wird. Es geht mir ja nicht darum, die vorhandene und zum Teil
wirklich notdürftige Versorgung um jeden Preis zu kritisieren, sondern
im Einzelfall auch die Leute zu beruhigen und ihnen eine Prozedur zu
erklären, die sie im Einzelfall als gegen sie gerichtet empfinden – was
ja nicht stimmen muss. Im Gegensatz zu den möglicherweise überlasteten
Lagerärzten hab ich ja Zeit. An dieser Stelle ein Appell an alle Leserinnen und Leser: |
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2.9.2017 |
Hamburg, Große Elbstr. 264, Hanseatic Help Überall stapeln sich die Kisten – ich hab den Eindruck, man braucht mehr Helfer, um das Gespendete zu sortieren, als noch mehr neue Spenden an Kleidern usw. (OK, die auch) – JEDER KANN MITMACHEN ! Mehr auf der „Hansi“-Homepage: https://www.hanseatic-help.org/ Ich selber bin wieder in meiner Männerecke, räume in Kisten ein, packe Abgezähltes wieder von den Kisten in Kartons um, klebe sie zu, versehe sie mit einem Zettel wie z. B. „Männer: Pullover, Jacken ohne Hoodies (Kapuzen) Größe M 30 Stück“ und staple den Karton auf einem Wagen. Nach einer Stunde beginne ich mein Kreuz zu merken, aber das ist aushaltbar. Immer wieder lange Sucherei an der Krageninnenseite nach einer Größenangabe. Zum Bespiel an einem T-Shirt mit nichtssagendem Aufdruck. Aber das Schild fällt mir auf: Made in Haiti: |
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Irgendeine Haitianerin hat dieses Textil genäht, für einen Hungerlohn vermutlich, über Mexiko kam es hierher, und womöglich landet es in der nächsten Hilfesendung nach dem Wirbelsturm „Irma“ wieder in Haiti. So wie der Container vor einem halben Jahr, an dem ich mitgepackt habe. Es wird weder der letzte Wirbelsturm sein, noch der letzte Container. | ||||
Bis demnächst! |
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Der Soldan-Bericht 51 als PDF zum Download: ——> | Klick hier! | |||
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Letzte Änderung: 31/12/17 |
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